(Hier also der Rückblick auf das letzte Augustwochenende)
English Premier League (1. Liga England), Gameweek 2 am 24/08/2013, Newcastle Utd. FC – West Ham Utd. FC (0:0), St. James Park; Z: 49.622 (ca. 500)Hoch über der Stadt erhebt sich ein Koloss aus Beton, Stahl, Glas und Kunststoffen. Von allen schönen und wichtigen Blickpunkten in der Stadt siehst Du ihn, denn er ist 91,1 m hoch. Verkehrstechnisch sehr günstig gelegen erreichst Du ihn. Egal wie. Ob mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Auto oder zu Fuß, denn er liegt am Ende einer Einkaufsmeile im Herzen der Stadt.
52.405 Menschen bietet er Platz und Schutz vor schnell umschlagenden Wetter. Die Treusten der Treuen wohnen in einem Umkreis von knapp 3 englischen Meilen um diesen Ground. Die Abmaße des Spielfeldes sind 105 m x 68 m. Sein „ROOAAR“ (Torjubel) ist legendär und an manchen Tag Angst einflößend. Willkommen in St. James Park Newcastle, seit 1892 hier zu finden. Würden unsere Erwartungen hier erfüllt werden?
Bereits in der Saison 2006/07 hatte ich Gelegenheit mit englischen und deutschen Freunden/Kollegen einige Spiele im St. James Park zu sehen. Die waren alle recht ordentlich und bei meinen letzten Besuch 2009 gab’s leider keine Möglichkeit ein Spiel zu sehen. So wurde bereits im Februar 2013 die Reise in den Nord-Osten Englands und inkl. Stadionbesuch geplant. 14 Tage vor Reisebeginn stand dann endlich fest an welchen Tag gespielt wurde. Am Samstag, den Tag unserer Anreise, Gegner: die Hammers. Die Tickets wurden online gebucht. Hierzu muss man sich mittels Membership online registrieren und kann dann relativ bequem buchen. In unserem Fall Pound 27,-- je Stück + Pound 5,-- Bearbeitungsgebühr (unabhängig von der Anzahl der Tickets). Der Versand erfolgt dann relativ unscheinbar, denn in der Vergangenheit „verschwanden“ schon mal bestellte Tickets auf dem Postweg.
Via Amsterdam mit der Fähre ging es am Freitag los. Zuvor waren noch 5 strapaziöse Autostunden Fahrt angesagt. Von Amsterdam nach Newcastle mit der Fähre ist eigentlich eine recht angenehme Art zu reisen. Man verbringt den Abend und die Nacht auf dem Fährschiff und setzt am nächsten Tag relativ ausgeruht seine Reise fort. Leider sind die Reedereien heute der Meinung, dass man „vermögend“ sein muss, weil die Preise an Bord der Fähre sehr hoch sind. So kostet ein normales Gericht wie Spaghetti Carbonare saubere € 16,-- und Bier beginnt bei € 4,--. Auch das Frühstücksbuffet liegt mit € 14,50 pro Person recht hoch, aber man muss ja nicht, man kann…
Samstagmorgen ging es dann runter von der Fähre in Richtung City. An der Quayside wurde das Auto erst mal in einem Parkhaus abgestellt und ab zum Frühstück. Die Quayside mit der Tyne bildet die Grenze zwischen den Ortslagen Newcastle und Gateshead. Schon hier sah man einige Leute in Trikots der heute spielenden Vereine. Bis zum kick off war noch Zeit und so ging’s über die Milleniumsbrigde zum Baltic Center, einen alten Speicher, der zu einer Kunsthalle und Begnungscenter umgebaut wurde. Von der 7. Etage des Centers hatte man einen schönen Blick über Newcastle bis hin zum St. James Park.
Newcastle bietet im Stadtzentrum haufenweise Gebäude aus der Gregorianischen und Victorianischen Zeit. Natürlich gibt es auch einige hässliche Betonklötze, aber die sind deutlich in Unterzahl. Nach dem feinen Ausblick vom Baltic Center erfolgte der in Richtung Zentrum/St. James Park. Je näher wir dem Ground kamen umso mehr Geordies waren in den typischen schwarz-weiß gestreiften Trikots zu sehen. Viele hatte schon das mit dem neuen Sponsor auf der Brust an und einige das jeweils zur Hälfte schwarz-weiße.
Knapp eine Stunde vor dem Spiel war hier schon mächtig Betrieb. Die umliegenden Pubs waren übervoll und die wenigen Imbißwagen sehr gut besucht. Massen strömten in und aus dem offiz. Store des Vereins. Wir mussten uns erst mal kurz orientieren, aber dies war kein Problem. An den „Ecken“ des Ground hingen Übersichtspläne. Unsere Plätze lagen im Leazes Stand (benannt nach dem angrenzenden Leazes Park). Also wurden ein paar Stufen erklommen, denn der St. James Park liegt in Hanglage und fast einmal rum um den Ground. Im Bereich des Leazes Stand findet man alle 25 lfd. Meter einen Eingang. Der Ground ist nicht wie in Deutschland mit einem Zaun umgeben, nein es geht direkt rein. Max. 1 Person passt durch das Drehkreuz, welches sich nur mit dem richtigen Ticket öffnen lässt. Alles andere funktioniert hier nicht.
In den Katakomben des St. James Park ist alles schön beschriftet und verlaufen ist hier fast ausgeschlossen. Der richtige Treppenturm führt dich zu Deinem Sitzplatzbereich, der freundliche Stuart weißt Dir den Weg. So geht’s im modernen englischen Stadion zu. Eins fiel sofort auf, die Sitzplatzreihen sind verdammt eng und für große Menschen ab ca. 1,75 m grenzwertig. Ist aber wie bei den „Billigfliegern“ – lang soll es halt nicht dauern.
Das Stadium füllte sich langsam und wir hatten Zeit den Blick schweifen zu lassen. Für die Zuschauer ist alles recht schick und überdacht, von den Oberängen des Leazes Stand, des Milburn Stand und dem Gallowgate kann man über die Eaststand in die Stadt schauen. In den Katakomben ist für reichlich Verpflegung gesorgt. Softdrinks dürfen mit in den Zuschauerbereich, Bier und Food nicht. Ebenso herrscht absolutes Rauchverbot. Fluchen und derbe Sprüche lassen sich noch nicht verbieten. Stuarts kontrollieren penibel diese Regeln. 49.622 Leute wollten dieses Spiel sehen und noch etwas Interessantes gibt es im St. James Park. Hier gibt es mit 8.200 Plätzen den größten Familienbereich in der EPL. Er befindet sich im Unterrang des Milburn Stand. Eine Anzeigetafel ist nicht vorhanden: Lediglich an der Stirnseiten des Spielfeldes wird die Spielzeit angezeigt.
Das heimische Grün ist exzellent, wie ein fein gewebter Teppich, richtig fein. Bei Warmmachen gab es für die Teams mobile Tore, damit das „Grün“ in 16er nicht zerwühlt wird. Man läuft nicht mit "Trainingskit" auf, nein Newcastle kommt im weißen Trainingsjäckchen. Bis auf Gästeteam, die sahen ansatzweise wie Fußballer aus.
Im Oberrang des Leazes Stand hing der „wilde Mob“ (naja eher“ Möbchen“) aus London. Lautstark wurde das Team aus London begrüßt, als es zu warmmachen raus kam. Skipper Nolan grüßte hinauf und wurde frenetisch gefeiert. Akustisch bietet der St. James Park alles für einen guten Support. Man muss es nur können. Weder West Ham noch Newcastle Fans können zurzeit gut singen. West Ham brachte es auf unglaubliche 30 min (!), bei den Toons wurde nicht gesungen, ansatzweise mal gebrüllt, mehr jedoch nicht. Jedenfalls im Vergleich zu unserem Block U sind die hier alle Waisenknaben. Wir hätten den Laden ordentlich gerockt (naja, spätestens wenn wir wieder international sind…). Na wie willst Du auch ordentlich singen, wenn Du sitzen musst.
Linkerhand von uns standen ein paar Geordies in ihren Bereich, aber es waren nicht mehr als knapp 150 Leute, die versuchten ein wenig stimmlich akzentuieren und Support sind anders aus. Apropos Stimmung. Die war bei null, defacto nicht vorhanden. Kein Gesang, keine Sprechchöre, nur ein wenig Applaus. Halt jeder für sich. Lediglich im Unterrang, der im TV sichtbar ist regte sich etwas. Ein Transparent wurde entrollt: „Joe Kinnar. The Clown Of The Premier League.“ (Anmerkung: Kinnar ist ungeliebter Sportdirektor in Newcastle.) Als die Stuarts versuchten das Transparent einzuziehen, kam erst mal richtig lauter und wütender Protest auf. Nach einigen Diskusionen legte sich die Sache, das Transparent wurde nicht mehr gezeigt und es wurde wieder ruhig im Stadion.
Zum Spiel an sich gibt es nicht viel zu schreiben. Es war einfach mies, Altherrenstandfußball vom Feinsten. Newcastle (nachfolgend Toons genannt) hatte das erste Saisonspiel mit 4:0 bei City in Manchester ordentlich vergeigt und zudem noch Taylor in der Abwehr durch Rot verloren. Die Hammers waren mit einen 2:0 Heimsieg über Cardiff gut gestartet. Vor dem Spiel hieß es noch, dass Andy Carroll aufläuft, aber der war wegen einer Fußverletzung gar nicht erst mit dabei. Carroll ist ein echter Geordie und wird hier oben geliebt. Vor knapp 2 Jahren wurde er für über 40 Mio. Pound nach Liverpool verkauft (die Toons sanierten sich wirtschaftlich damit) und von dort knapp 1 Jahr später nach London zu West Ham verliehen. Sam Allardayce, der Coach der Hammers entdeckte seiner Zeit als Trainer der Toons Carroll und holte ihn ohne viel Zögern nach London. Diese Saison wurde er dann offiz. gekauft. Spielen kann er aktuell aber nicht, die Fußverletzung brach im Training am 09/09/13 wieder auf.
Von der Aufstellung her schien es interessant zu werden; die Toons in 4-4-2 und die Hammers in 4-3-3 System. Auf dem Platz neutralisierten sich komplett beide Team. Leider. Fehlpässe und Standfußball auf engsten Raum prägten das Spiel. Zum Ende des Spiels wurden beide Teams etwas agiler. In der 89 min ging West Ham vermeintlich in Führung, aber Maiga stand im Abseits als er den Pass von Joe Cole annahm und ins Netz legte. Auf der Gegenseite verzog dann Gouffran 2 m (!) freistehend vor dem Tor die letzte Chance in der Nachspielzeit und zog den Ball über das Tor. Das war’s an Highlights.
Trotzdem des recht armseligen Spiels waren wir immer in Bewegung. Der starke Bierkonsum vor dem Spiel führte dazu, dass immer einer in der Reihe raus musste. Wirklich ist kein Witz! Da die Reihen wie oben beschrieben, sehr eng waren hieß es „Aufstehen bitte!“ Ca. 5 bis 6 min vor der Pause bzw. dem Spielende begann sich das Stadion augenscheinlich zu leeren. Bier und Pasteten warteten in den Katakomben und natürlich die Monitore mit den Livebildern vom Spiel. Da muss man nicht mehr draußen sein.
Noch etwas fiel auf: Die Geordies im Unterrang des Leazes Stand pöbelten permanent in Richtung Oberrang, dort wo die Londoner standen. Teils mit Rufen und Obszönitäten aller Art. London dann zurück usw. Aber alles in allem waren es nur wieder Einzelaktionen. Mehr nicht. Als dann das das Abseitstor fiel wurde der Lärm noch etwas intensiver und hämischer. Statt das eigene Team anzutreiben beschäftigte man sich Banalitäten. Tja, nach dem Spiel wurde es ziemlich fix leer. Keine 5 Minuten und alle waren fast verschwunden. Bis auf uns und unser Fazit: „Das hier heute war der falsche Film!“
Um ein Schlusswort abzugeben würde dieser lauten: „Jeder weiß das die Stimmung in den engl. Grounds mehr als mäßig ist. Wenn das Spiel dann noch Scheiße ist, hat man fast nichts vom Stadionbesuch. Leider.“
So, wir hatten danach eine Super Woche Urlaub im Nord-Osten Englands und fußballtechnisch sind wir „Wiederholungstäter“.

(Kurze Anmerkung: Ich hätte gern Bilder gezeigt. Nur "Bilduploader" mag diese nicht. Stellvertretend gibt's nur dieses Bild, denn das hier hat funktioniert.)
[ externes Bild ]Bild wird angezeigt bis 12.10.2013 19:49:04Bilderupload